EuProGigant:

Anwendungen

Für die Umsetzung von Demonstratoren im Projekt EuProGigant sind die industriellen Anwendungen von großer Bedeutung.

Ein Demonstrator ist ein technisches System, welches eine industrielle Problemstellung aufgreift und praktisch vorführt, wie die Problemstellung mit der Anwendung von Methodik und innovativer Technologie gelöst wird und zu einem erkennbaren Nutzen für die Industrie führt. Die industrielle Anwendung bezieht sich auf das Betrachten eines spezifischen Prozesses oder Verfahrens in der Herstellung von Gütern oder Waren, welche eine zentrale wissenschaftliche und industrielle Problemstellung mit Optimierungspotenzial darstellt. Das Projekt EuProGigant startet in der ersten Phase mit der Anforderungsdefinition und der Ausarbeitung der Anwendungsfälle mit dem Ziel, funktionale, übergreifende Zusammenhänge im Wertschöpfungs- und Lernökosystem detailliert zu beschreiben. Um die Synergien zwischen den Anwendungsfällen identifizieren und gezielt entwickeln zu können, werden zunächst thematische Arbeitsfelder beschrieben, aus denen sich die konkreten industriellen Anwendungen in einer agilen Form der Zusammenarbeit entwickeln werden. Dies wird gemäß der Meilensteinplanung in der Timeline bis zum 30. November 2021 erfolgen.

Zur Koordinierung und Ausgestaltung der Anwendungsfälle sind im Projekt EuProGigant anwendungsfallübergreifende, sogenannte thematische Arbeitsgruppen eingerichtet.

Deren Ziel ist die Ausarbeitung von Anwendungsfällen im Wertschöpfungsnetzwerk als Best-Practice-Beispiele für Unternehmen der europäischen Fertigungsindustrie. Jedem zu Projektstart definierten Themenfeld ist eine Arbeitsgruppe zugeordnet. Die Arbeitsstruktur ist nicht statisch, sondern kann sich im Laufe des Projekts je nach Arbeitsständen oder aufkommenden wichtigen Themen verändern. Die Arbeitsgruppen stehen damit allen interessierten Projektpartnern für eine Beteiligung offen.  Die Anzahl der Anwendungsfälle kann sich im Projektverlauf verändern, daher stehen die funktionalen, anwendungsfallübergreifenden Aspekte in den thematischen Arbeitsgruppen im Vordergrund.  

Die Voraussetzung für die Anwendungsfälle schaffen digitalisierte Produktionssysteme mit smarten Soft- und Hardware-Komponenten, die neben der Datenakquise auch mit Anbindung einer geeigneten Dateninfrastruktur die vertikale Datenaggregation bis hin zu Cloud-Technologien ermöglichen. Neben der vertikalen Integration nimmt die horizontale und unternehmensübergreifende Vernetzung von Wertschöpfungsketten ebenfalls eine überwiegende Rolle ein. Die horizontale Vernetzung ist ein Erfolgsfaktor zur funktionsübergreifenden Prozessoptimierung von Wertschöpfungsketten in einem Ökosystem. Das zentrale Element ist die Vernetzung von cloudbasierten Plattformen. Die Bedeutung der horizontalen Vernetzung als Erfolgsfaktor zur funktionsübergreifenden Prozessoptimierung der Wertschöpfungskette wurde in einer Marktstudie zur Klassifizierung von Unternehmensplattformen im Kopernikus-Projekt herausgestellt. 

Abbildung 1: Vertikale Vernetzung – Use-Case-übergreifendes Bild als universelles Rückgrat des Projekts, Unternehmen siedeln sich entlang dieser vertikalen Integrationskette an

Die Besonderheiten der Anwendungsfälle des EuProGigant-Projekts

Während die Produktionsmitarbeiter*innen sich auf ihre Kernfunktionen konzentrieren können, sorgt das EuProGigant-System für die Aufbereitung der Daten und den automatischen Ausgleich von Störungen im Produktionsprozess – oder informiert die Mitarbeiter*innen, wenn die Komponenten oder Maschinen dazu nicht in der Lage sein. 

Neben der Datenspeicherung ist die EuProGigant-KI eine wesentliche Komponente im Gesamtkonzept. Über die zu entwickelnden Funktionen zur Selbstorchestrierung kann der Datenstrom direkt von der KI selbst beeinflusst werden. Für die KI-Lernphase können erst die Rohdaten (große Datenmengen) und im Anschluss daran die Smart-Daten (aufbereitete Daten) abonniert werden. Zum Ende des Projektes wird die KI in der Lage sein, Störungen des Produktionsprozesses zu erkennen und entsprechende Gegenmaßnahmen einzuleiten.   

Ohne die Daten von den direkt an der Produktion beteiligten Komponenten/Maschinen können keine leistungsfähigen Regelkreise aufgebaut werden. Zur Ermittlung der Maschinendaten werden neue Funktionalitäten für kostengünstige Edge-Devices entwickelt und mit leistungsfähigen Schnittstellen versehen. Auch hierbei wird auf schon vorhandene Standards aufgesetzt. Um die Sicherheit der Produktionsdaten sicherzustellen, werden Lösungen für die eindeutige Identifikation jeder einzelnen Komponente spezifiziert und umgesetzt. Die Fähigkeit zur Selbstbeschreibung der angebotenen Funktionen rundet die eingesetzten Schnittstellen ganz im Sinne von Gaia-X ab. Durch die Dokumentation aller entwickelten Schnittstellen und Funktionen leistet das EuProGigant-Team einen wichtigen Beitrag zur Standardisierung der Datenübertragung und Kommunikation innerhalb von hoch vernetzten Produktionsanlagen.   

Um die Daten aus dem Manufacturing Execution System (MES)- und der Enterprise Resource Planning (ERP) zur Verfügung zu stellen, werden für diese Daten leistungsfähige und offene Schnittstellen spezifiziert, welche das EuProGigant-Konzept um Auftrags-, Qualität- und Ressourcendaten erweitern. Da es sich hierbei oft um sehr sensible Daten handelt, können die zu übertragenden Daten sehr fein konfiguriert werden.  

Der Aussage, dass Daten einen Rohstoff mit einem erheblichen Wert darstellen, kann heutzutage keiner mehr widersprechen.  Für Hersteller von komplexen Produkten können Informationen von der Supply Chain bis zum Kunden von hoher Bedeutung sein. Datenanalysten und Entwickler von KI-Modellen benötigen Daten. Jeder Teilnehmer am EuProGigant-System kann dank Gaia-X seine Daten für die entsprechende Nachfrage im Zuge neuer digitaler Geschäftsmodelle anbieten. Es liegt daher im Interesse aller am Projekt beteiligten Unternehmen, ein gemeinsames Verständnis für Datenbesitz und Übertragung in der Produktion zu entwickeln. Durch das im Projekt zu entwickelnde Gaia-X konforme EuProGigant-Konzept steht die hierfür benötigte Daten-Handels-Plattform zur Verfügung.   

Bei Projekten dieser Größenordnung und der Anzahl an beteiligten Partnern ist die kontinuierliche Überprüfung der Zwischenergebnisse von entscheidender Bedeutung für den Erfolg des Projektes. Durch den Einsatz von neu entwickelten Störgeneratoren werden von Anfang an Stresstests des kompletten EuProGigant-Systems durchgeführt, damit man  schon früh erkennen kann, an welchen Stellen Probleme auftreten und neue Lösungen gefunden werden müssen.   

Eine der größten Herausforderungen unserer Zeit ist der sorgsame Umgang mit den vorhandenen Ressourcen. Gerade im Bereich der Produktion von Gütern werden große Mengen an Energie verbrauchtund manchmal auch verschwendet. Im Rahmen des Projektes wird die Messung der verbrauchten Energie bis auf das produzierte Teil heruntergebrochen und damit die Grundlage für ein intelligentes Energiemanagement gelegt. Durch die Verknüpfung der Energiedaten mit allen anderen in der EuProGigant-Cloud befindlichen Daten stehen neue und weitreichende Analysefunktionen zur Verfügung. Sobald das Energie-Analysetool einsatzbereit ist, bleibt kein Produktionsschritt unentdeckt, bei dem Energie verschwendet wird. 

Abbildung 2: Horizontale Vernetzung 

Anwendungen im Rahmen des EuProGigant-Projekts

Die Anwendungsfälle in EuProGigant fokussieren sich auf: 

  • Maschinenanbindung in der vertikalen Integration und maschinenbezogene Datenverarbeitung in neuartigen Regelkreisen mit Rule Engines 
  • Resilienz im Wertschöpfungsökosystem: Distributed Edge zur gemeinsamen Nutzengenerierung an verschiedenen Stellen in der Produktion, Produktionssteuerung und Unternehmensbereichen 
  • Multi-Cloud-Konnektivität: Kollaborative Datenverarbeitung, um ein tiefes Verständnis der Zustände zu erlangen und Wartungsvorhersagen oder bessere Entscheidungen zu treffen, z. B. durch die Verwendung des richtigen Materials mit geringerem CO2-Fußabdruck in der Produktion. 

Die sieben Arbeitsgruppen in EuProGigant  sind jeweils einem der Teilbereiche,  der Industriellen Forschung oder der Experimentellen Entwicklung, als Teil des Projektbereichs Forschung und Entwicklung zugeordnet. 

Industrielle Forschung

Experimentelle Entwicklung

Abbildung 3: unternehmensübergreifende, kaskadierte Wertschöpfungsregelkreise